Vielleicht kennen Sie Mikko Hypponens Sammlung historischer Computerviren im Internet Archive schon? Wir empfehlen jedenfalls auch Hypponens knapp 50-minütigen Vortrag über die Entwicklung der Malware seit ihre ersten und vergleichsweise primitiven Varianten aufgetaucht sind.
Das Bemerkenswerte an den ersten Viren ist, dass Hacker offensichtlich sehr viel Spaß daran hatten, unbekannte Nutzer aufs Korn zu nehmen. Sie erfreuten sich daran, eine 8-Bit-Grafik über den Monitor zu bewegen (Walker oder Ambulance) oder einmal im Monat ein großes „V“ (V sign) oder psychedelisch anmutende Fraktalbilder (Tequila) anzuzeigen.
Kreativere Hacker erstellten Grafiken, die angesichts der damals verfügbaren Technologie wirklich beeindruckend sind. Beispielsweise diese Mondlandschaft.
Im Gegensatz zu aktuellen Schadprogrammen drückten die Angreifer ihrem Werk damals bewusst einen persönlichen Stempel auf und sie wollten bemerkt werden.
Bei einem der ersten Computerviren (Brain) hinterließen die Angreifer sogar ihre Adresse in der DOS-basierten .exe-Datei.
Selbst wenn diese Zeiten noch einigermaßen unschuldig anmuten, schon die ersten Viren enthielten eine zerstörerische Komponente. Zum Beispiel Casino: Die Opfer sollten ihr Geschick an einem virtuellen Spielautomaten unter Beweis stellen. Verließ sie das Glück, wurde dann auch gleich die Festplatte der unglücklichen Spieler gelöscht.
Als es noch kein Internet gab und die ersten Modems eingeführt wurden, tauschte man Daten mit Freunden und Kollegen auf Disketten aus. Die Viren vermehrten sich, indem sie das Disketten-Bootlaufwerk infizierten. Die Nutzer brachten die Viren also buchstäblich persönlich zu ihrem nächsten Opfer. Der Computervirus Brain wurde so zu einem weltweiten Phänomen. Vergleichsweise primitiv, aber effektiv.
Mit Microsoft Windows, dem Internet und E-Mails als einer der wichtigsten Kommunikationsformen haben Viren ihre uns heute bekannte Form angenommen.
Sie begannen, sich mithilfe von VBA-Skripten in Word- oder Excel-Dokumenten zu verbergen. Dadurch waren sie deutlich schwieriger zu finden als ihre Vorgänger. Dann verbreiteten sie sich per E-Mail, indem sie unbemerkt die Outlook-Kontakte ihrer Opfer verwendeten.
Melissa und Code Red waren Klassiker dieses Genres.
Hacker begannen auch damit, sich den instinktiven Drang vieler Anwender zunutze zu machen, auf jeden Link in ihren E-Mails zu klicken – insbesondere wenn die Betreffzeilen Namen attraktiver weiblicher Superstars enthielten (ein Beispiel dafür ist der Wurm Anna Kournikova).
2002/2003 tauchte dann Fizzer auf. Die Entwickler dieses Virus hatten erkannt, dass Nutzer wertvolle Informationen wie Passwörter oder Kreditkarten-nummern auf ihren Laptops speichern oder auf Websites eingeben. Fizzer erfasste sämtliche Tastatureingaben und gescannten Dokumente und schickte sie anschließend über eine Backdoor an den Server des Angreifers.
Wir schreiben das Jahr 2016, und
klicken immer noch auf Links und Anhänge, die wir in unseren E-Mails finden.
Es stimmt, Phishing-Angriffe sind inzwischen deutlich raffinierter und zielgerichteter konzipiert. Die Methoden selbst sind jedoch uralt und vergleichbar mit einer Art digitalem Roulette. Viel zu viele Menschen fallen nach wie vor auf die Betrugs-E-Mails herein, in denen ihnen beispielsweise 100.000 US-Dollar in Aussicht gestellt werden.
Auch Ransomware erfreut sich steigender Beliebtheit. Wie bei den ersten Viren erhalten die Nutzer hier eine Nachricht der Angreifer, während ihre Dateien verschlüsselt werden.
Wird es jemals eine Welt ohne Malware geben? Eher nicht. Das älteste Handwerk des Internet-Zeitalters wird uns wohl für immer begleiten.